21. Dezember 2012

Entwick­lung der Recht­spre­chung zur Urlaubs­ab­gel­tung

Das Thema Urlaubs­ab­gel­tung führt immer wieder zu Rechts­strei­tig­keiten vor dem Arbeits­ge­richt. Die Urlaubs­ab­gel­tung betrifft den Fall, dass wegen Been­di­gung des Arbeits­ver­hält­nisses der Urlaub ganz oder teil­weise nicht gewährt werden kann. Nur wenn der Urlaub wegen Been­di­gung des Arbeits­ver­hält­nisses nicht mehr gewährt werden kann, lässt § 7 Absatz 4 des Bundes­ur­laubs­ge­setzes (BUrlG) eine Abgel­tung zu.

Hiervon abzu­grenzen sind die Begriffe Urlaubs­ent­gelt (Fort­zah­lung von Lohn und Gehalt während des Urlaubs) und Urlaubs­geld (betrieb­liche Sonder­zu­wen­dung z. B. aufgrund des Arbeits- oder Tarif­ver­trages).

Grund­lagen zur Urlaubs­ab­gel­tung. Grund­sätz­lich muss der Erho­lungs­ur­laub im laufenden Kalen­der­jahr gewährt und genommen werden. Eine Über­tra­gung des Urlaubs auf das nächste Kalen­der­jahr ist nur dann statt­haft, wenn drin­gende betrieb­liche oder in der Person des Arbeit­neh­mers liegende Gründe dies recht­fer­tigen. Im Fall der Über­tra­gung müsse der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalen­der­jahres gewährt und genommen werden.

Diese Befris­tung habe nach bishe­riger Recht­spre­chung grund­sätz­lich auch für den Anspruch auf Abgel­tung des Urlaubs gegolten. Der Abgel­tungs­an­spruch sei als Ersatz (Surrogat) für den wegen der Been­di­gung des Arbeits­ver­hält­nisses nicht mehr reali­sier­baren Urlaubs­an­spruch aufge­fasst worden.

Neue Recht­spre­chung des EuGH und des Bundes­ar­beits­ge­richts. Der EuGH hat mit seinen Urteilen vom 20.01.2010 und vom 22.11.2011 der Surro­ga­ti­ons­theorie für Fälle lang andau­ernder Krank­heit die Grund­lage entzogen. Dieser Recht­spre­chung ist das Bundes­ar­beits­ge­richt gefolgt. Mit Urteil vom 24.03.2009 hatte das Bundes­ar­beits­ge­richt bereits entschieden, dass gesetz­liche Urlaubs­ab­gel­tungs­an­sprüche nicht erlö­schen, wenn Arbeit­nehmer bis zum Ende des Urlaubs­jahres und/oder des Über­tra­gungs­zeit­raums erkrankt und deswegen arbeits­un­fähig sind.

Das Bundes­ar­beits­ge­richt hat nun die Surro­ga­ti­ons­s­theorie insge­samt ausdrück­lich aufge­geben. Der gesetz­liche Urlaubs­ab­gel­tungs­an­spruch unter­fällt als reiner Geld­an­spruch demnach unab­hängig von der Arbeits­un­fä­hig­keit oder Arbeits­fä­hig­keit des Arbeit­neh­mers nicht dem Fris­ten­re­gime des Bundes­ur­laubs­ge­setzes.

Sach­ver­halt. Der Entschei­dung lag folgender Sach­ver­halt zugrunde: Der Arbeit­nehmer war beim Arbeit­geber als Opera­ting-Manager beschäf­tigt. Im Kündi­gungs­rechts­streit der Parteien stellte das Arbeits­ge­richt mit rechts­kräf­tigem Urteil vom 27. November 2008 fest, dass das Arbeits­ver­hältnis der Parteien zum 31. Juli 2008 endete. Dem Kläger standen zu diesem Zeit­punkt jeden­falls 16 Tage Urlaub zu.

Mit einem Schreiben vom 6. Januar 2009 verlangte er vom Beklagten ohne Erfolg, diesen Urlaub abzu­gelten. Das Arbeits­ge­richt hat die Klage abge­wiesen. Das Landes­ar­beits­ge­richt hat die Beru­fung des Klägers zurück­ge­wiesen. Die Revi­sion des Klägers hatte vor dem Neunten Senat des Bundes­ar­beits­ge­richts Erfolg.

Der Abgel­tungs­an­spruch des Klägers war nach dem Urteil des Bundes­ar­beits­ge­richts entgegen der Auffas­sung der Vorin­stanzen nicht am 31. Dezember 2008 unter­ge­gangen. Der gesetz­liche Urlaubs­ab­gel­tungs­an­spruch unter­fiel als reiner Geld­an­spruch unab­hängig von der Arbeits­un­fä­hig­keit oder Arbeits­fä­hig­keit des Arbeit­neh­mers nicht dem Fris­ten­re­gime des Bundes­ur­laubs­ge­setzes.

Der Kläger musste deshalb die Abgel­tung seines Urlaubs nicht im Urlaubs­jahr 2008 verlangen. Sach­liche Gründe dafür, warum für einen arbeits­fä­higen Arbeit­nehmer nach Been­di­gung des Arbeits­ver­hält­nisses andere Regeln für den Verfall des Urlaubs­ab­gel­tungs­an­spruchs gelten sollen als für einen arbeits­un­fä­higen Arbeit­nehmer, bestanden nicht.